Die Handschrift des Jüngeren Titurel in der Bayerischen Staatsbibliothek in München
entstand wohl für einen betuchten Auftraggeber um 1430 in Südtirol. Sie besticht durch ihre aufwendige Ausstattung mit 85 Miniaturen in Deckfarbenmalerei.
Somit handelt es sich nicht nur um den am reichsten illuminierten Textzeugen zu diesem Epos, sondern um die prächtigste mittelhochdeutsche Epenhandschrift, die uns aus dieser Zeit überliefert ist. Das Epos geht auf die Titurel-Fragmente des Wolfram von Eschenbach zurück, die von Albrecht, dem Verfasser des Jünge-ren Titurel, zu einer eigenständigen Dichtung mit über 6.000 Strophen erweitert wurden .
Die Besonderheit der Münchner Handschrift ist nun, dass sie vom österreichi-schen Geschlecht der Fernberger zu Eggenberg ab ca. 1580 bis über die Mitte des 17. Jahrhunderts als repräsentatives Gästebuch in stammbuchähnlicher Weise genutzt wurde. Diese Umnutzung spiegelt sich maßgeblich in den gedrängten In-skriptionen an den Rändern der Pergamentseiten, welche eine Quelle für perso-nenbezogene Untersuchungen zur Geschichte Österreichs darstellen, insbesonde-re für die Religionsgeschichte in Zeiten der Gegenreformation. Umso mehr er-staunt es, dass bisher keine grundlegende interdisziplinäre Erschließung dieser Handschrift erfolgte. Karin Eckstein betrachtet das Objekt in seiner Gesamtheit und setzt die materiellen und kunsthistorischen Erkenntnisse mit den Ergebnissen zur Nutzung der Handschrift in Beziehung.