Die vorliegende Untersuchung behandelt graphische Modelle von Zeit und Raum in Universalchroniken, die als genealogische, linear strukturierte Synopsen angelegt und häufig durch kartographische Darstellungen ergänzt sind. Solche konzeptionell innovativen und künstlerisch oft anspruchsvoll gestalteten Geschichtswerke waren im lateinischen Westen seit dem 12. Jahrhundert auf Rollen, in Codices und seit dem 15. Jahrhundert auch in gedruckten Büchern weit verbreitet.
Erstmals werden hier aus der Perspektive der bildwissenschaftlich orientierten Kunstgeschichte die Entstehung und Entwicklung eines historiographischen Genres analysiert, deren gattungsmäßige Eigenständigkeit und diagrammatischer Charakter in der Bezeichnung als Historiogramme Ausdruck finden sollen. Die vorgestellten Werke bringen ein Weltbild zur Anschauung, das Welt und Zeit als von Gott erschaffen und geordnet vorstellt: In diesem Sinne ist ihre graphische Systematik zugleich ästhetisch wirksam und semantisch bedeutsam, denn in ihrer reduktiven Prägnanz legen sie die der menschlichen Vernunft zugängliche Ordnung von Welt und Geschichte offen. In ihnen wurden neue Darstellungsweisen historischer Verläufe (wie die Zeitleiste) und chronologische Systeme (wie die Datierung vor Christus) entwickelt und verbreitet. So trugen Historiogramme maßgeblich zur Dissemination historischen Wissens bei und prägten die Vorstellung von Geschichte bis in die Gegenwart.
Andrea Worm ist Professorin für Kunstgeschichte des Mittelalters an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Auf Studium und Promotion in Augsburg folgten die Mitarbeit am Cambridge Illuminations Research Project sowie Stipendien am Kunsthistorischen Institut in Florenz – Max-Planck-Institut, an der University of Cambridge, am Institute for Advanced Study in Princeton und am Israel Institute for Advanced Studies in Jerusalem. Sie lehrte an den Universitäten von Augsburg, Basel, Köln und Graz sowie an der Universität Halle. 2015 habilitierte sie sich an der Karl Franzens Universität Graz mit der vorliegenden Untersuchung. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Bildkünste des Mittelalters und der Frühen Neuzeit sowie in der Forschungs- und Fachgeschichte. Zuletzt galt ihr Interesse vor allem der Visualisierung von Wissen und insbesondere graphischen Modellen der Welterfassung und Geschichtsdeutung.
Verlag: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft
Verlagsort: Berlin
Herausgabejahr: 2021
ISBN 978-3-87157-243-2
Seiten: 560
Abbildungen: 341 farbig und 3 schwarzweiß., 23,8 x 30 cm,
Maße: 23,8 cm x 30 cm
Einband: Leinen mit Schutzumschlag
Ladenpreis Buch: 149,00 Euro (D)
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Jahresgabe 2016 des DVfK e. V.